Für ein „Zentrum für Gesundheit“, das den Namen auch verdient

Neben den juristischen Einwänden zum Überlassungsvertrag sieht der Runde Tisch Krankenhaus Oberkirch auch inhaltlich das sogenannte Mindestangebot als völlig ungenügend an, um 30.000 Renchtäler mit einer guten medizinische Grundversorgung auszustatten. Auch kann der Runde Tisch dem Oberbürgermeister nicht folgen, wenn er noch das Wort „Vertrauen“ hinsichtlich des Überlassungsvertrags gegenüber dem Kreis ins Feld führt. Das Wort „Vertrauen“ im Zusammenhang mit dem Ortenaukreis und dem Ortenau-Klinikum ist leider aufgebraucht, insofern ist es unabdingbar, dass ein Überlassungsvertrag so abgefasst sein muss, dass er nicht auf „Vertrauen“ beruht.

Derzeit schwappt eine Welle von Krankenhaus-Schließungen durch unser Land Baden-Württemberg (aktuell beschlossene Schließung der Krankenhäuser in Bad Saulgau und Pfullendorf, Radolfzell ist angedacht nach einem Gutachten von Lohfert und Lohfert), angezettelt und befeuert durch unseren Sozial- und Gesundheitsminister Lucha. Der Minister reist durchs Land und bringt die Botschaften „nach der Schließung kommt nicht Nichts“, es werden „Primärversorgungszentren“, „mobile Intensivstationen“, „Luftrettung per Hubschrauber“ … eingerichtet“ in den entsprechenden Kreistagssitzungen unter die Lokalpolitiker – das alles hat er auch im Kreistag des Ortenaukreises versprochen. Ach ja, das was in Oberkirch entstehen soll, soll ein Primärversorgungszentrum sein? Wir stellen uns da etwas anderes vor als eine Pflegeheimfiliale des Kreispflegeheims und den Umzug einer ortsansässigen orthopädischen Praxis, einen Hebammenstützpunkt und die sogenannte abendliche Notfallsprechstunde, bei der es kein Einzelfall ist, dass man von der Sprechstundenhilfe nach Achern weiterverwiesen wird, weil kein Arzt präsent ist.

Inzwischen hat ein Gespräch zwischen Vertretern der Stadt Oberkirch und Vertretern des Runden Tischs über die sogenannte Weiterentwicklung des Zentrums für Gesundheit durch den Ortenaukreis stattgefunden. Hier wurde von Seiten der Stadt darauf hingewiesen, dass weder personelle Ressourcen noch entsprechend Haushaltsmittel in der Stadtverwaltung zu Verfügung stünden, um ein solches Projekt in Eigenregie anzugehen, geschweige durchzuführen.

Deshalb haben wir uns im Land umgeschaut, wie andere Gemeinden mit der Nachnutzung der geschlossenen Krankenhäuser umgehen. So hat die Stadt Bad Säckingen (knapp 20.000 Einwohner) eine 100%ige Tochtergesellschaft gegründet, einen Geschäftsführer vom Fach eingestellt. Derzeit wird das bisherige Krankenhaus mit einem Gesamtbudget von 40 Mio. Euro in einen „intersektoralen Gesundheitscampus“, „ein sektorenübergreifendes Angebot an Gesundheits- und Pflegeleistungen in der Region um den lokalen medizinischen Versorgungsbedarf zu decken“, umgebaut.
https://gesundheitscampus-bs.de/

In Weingarten (ca. 25.000 Einwohner) wollte die Stadt das Krankenhaus „14 Nothelfer“ nach dessen Insolvenz kaufen, um es dann an einen Investor mit der Auflage ein entsprechendes Gesundheitsangebot zu schaffen, zu verkaufen. Die Stadt kam aber nicht zum Zug, da ein Investor das Gebäude wohl zu einem höheren Preis als den von der Stadt gebotenen, gekauft hat. Jetzt wird gemeinsam mit der Stadt ein Gesundheitszentrum entwickelt um „ein für die Bevölkerung Nutzen bringendes Areal mit möglichst heterogenen, medizinischen Fachdisziplinen zu schaffen“.
https://www.14nothelfer.com/

Das sind nur zwei Beispiele, weit Besseres zu schaffen, als was uns im Renchtal vom Kreis angeboten wird. Es gibt offensichtlich gute Möglichkeiten und auch Investoren, die an solchen Gesundheitsprojekten interessiert sind, weil sie Rendite bringen! Außerdem muss man feststellen, dass ein solches Krankenhaus-Areal einen stolzen finanziellen Wert hat, den man nicht einfach verschenken darf!

Und ob die Agenda 2030, die Neubauten der Krankenhäuser in Achern, Offenburg und Lahr angesichts des Krieges in der Ukraine noch umgesetzt werden können, steht mehr und mehr in den Sternen: Denn dieser Krieg wird neben den menschlichen Tragödien erheblichste finanzielle Auswirkungen auf Bund und Land haben (100 Mrd. Euro „Sondervermögen“, schnellstmögliche Energiewende, wirtschaftliche Schwierigkeiten durch ausbleibende bzw. verteuerte Rohstoffe u.a.). So hat auch unser Ministerpräsident am vergangenen Dienstag darauf hingewiesen, dass Baden-Württemberg schweren Zeiten entgegen gehe: „Dieser Krieg verändert alles“ und „es kann niemand davon ausgehen, dass das Leben einfach so weitergeht“.

Die Agenda 2030 ist nur eines von zahlreichen Krankenhausprojekten in unserem Bundesland, so ist es absehbar, dass es auch dabei zu erheblichen Finanzierungseinschnitten kommen wird. Umso wichtiger ist, dass bei einem vorauszusehenden Scheitern der Agenda 2030 das Renchtal zumindest eine medizinische Grundversorgung in einem Zentrum für Gesundheit erhält, das den Namen auch verdient!

Diese Stellungnahme wurde in der Acher-Rench-Zeitung am 29. März 2022 zitiert
(online bisher nicht verfügbar)

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