Gestern ist es passiert: Der Kreistag hat nach Vorberatungen im Gesundheits- und Klinik-Ausschuss und im Verwaltungsausschuss da Finanzierungskonzept bei nur 3 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen verabschiedet.
Und das, obwohl die mündliche Förderzusage von 60% der förderfähigen Kosten von Sozialminister Lucha letzte Woche im virtuellen Gespräch des Kreistags von unserem Ministerpräsidenten Kretschmann nicht bestätigt werden konnte. Lt. Einschätzung des Landrats nur ein Kommunikationsproblem …
Das Finanzierungskonzept steht auf tönernen Füßen. Die Kreisumlage wird sicher nicht bei den angedachten maximalen 2,1 Punkten bleiben. Darunter werden im anstehenden Jahrzehnt manche wichtigen Maßnahmen des Kreises – nicht zuletzt im Sozialbereich – zu leiden haben, die dann verschoben oder auf die verzichtet werden muss.
Völliges Kopfschütteln für uns auf der Zuschauertribüne erzeugte die Diskussion über das Wörtchen „kann“ in der Beschlussvorlage: „Die Gegenfinanzierung kann über eine Erhöhung der Kreisumlage erfolgen, soweit dies nach der jeweiligen Haushaltslage erforderlich ist.“
Grüne und SPD wollten das „kann“ gestrichen haben, CDU, Freie Wähler und FDP wollten daran festhalten. Schließlich blieb dann das „kann“ drin, wobei es durchaus auch Stimmen aus dem Kreistag gab, dass die Diskussion unerheblich sei, da das Finanzkonzept sicher nicht zur Finanzierung ausreichen werden – um dann trotzdem am Ende für das Finanzierungskonzept abzustimmen!
Unser Finanzexperte Bernd Honsel hatte zu Beginn der Sitzung in der Fragestunde noch die Kreisräte zum Nachdenken aufgefordert:
„Ich bitte sie bei den Haushaltsberatungen, die im Dezember anstehen, für eine solide Finanzierung des Ortenau-Klinikums zu sorgen.
Wir wollen keine Privatisierung!
Der Klinik Geschäftsführer Keller hat in einem Zeitungsinterview berichtet, dass er im Rahmen seiner früheren Beratungstätigkeit immer wieder erlebt hat, wie unzureichend finanzierte Klinik- Bauvorhaben mit hohen Verlusten in einer Privatisierung endeten. Dies bedeutet Verschlechterung der Grund- und Notfallversorgung, die auch der Kreistag immer abgelehnt hat.
Die Klinik kann die Verluste nicht selbst tragen!
Nach den heute vorgelegten Finanzierungsvorschlägen soll die Klinik die bis zum Jahr 2030 zu erwartenden Verluste in Höhe von 280 Mio € selbst tragen und später aus den Gewinnen zurückzahlen. Das kann die Klinik nicht schaffen.
Sie hatte Ende 2019 ein Eigenkapital von 66,8 Mio €, das durch die in den nächsten Jahren zu erwartenden Verluste aufgezehrt sein wird. Ob die Corona-erluste weiterhin durch Bundeszuschüsse ausgeglichen werden ist offen.
Nach Verlust des Eigenkapitals muss der Kreis als Träger des Eigenbetriebs gesetzlich für die weiteren Verluste aufkommen.Wir schlagen vor, nicht so lange zu warten sondern schon im jetzt anstehenden Haushalt entsprechende Mittel vorzusehen. Noch sind Überschüsse vorhanden. Ab 2023 erwartet der Kreis steigende Verluste.
Die Erhöhung der Kreisumlage ist für künftige Investitionen bestimmt, nicht zur Verlustdeckung
Im heute vorgelegten Finanzierungsvorschlag ist zwar eine Erhöhung der Kreisumlage zur Stärkung der Eigenmittel der Klinik vorgesehen. Diese soll aber zur Finanzierung der künftigen Neubauinvestitionen verwendet werden. Eine Verwendung zur Finanzierung der Betriebsverluste ist dabei nicht vorgesehen.
Zusätzliche Finanzmittel müssen eingeplant werden.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen des Doppelhaushalts 2021- 2022 sollten zusätzliche Finanzmittel für die Klinik eingeplant werden. In der Pressekonferenz, mit der der Finanzierungsplan vorgestellt wurde, wurde die Erhaltung des Eigenkapitals angekündigt und der Klinik ein schuldenfreier Start ab 2030 versprochen. Dann müssen jetzt auch die entsprechenden Mittel eingeplant werden.“