Sehr geehrter Herr Landrat Scherer, sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte,
sehr geehrte Anwesende,
Mein Name ist Elke Honsel und ich stehe hier als Vertreterin des Runden Tisches, eine Vereinigung, die sich für den Erhalt der kleinen Krankenhäuser einsetzt.
Vor meiner Pensionierung war ich Leitende Med. techn. Assistentin und kenne den Krankenhausbetrieb aus langjähriger Erfahrung.
„Wir haben uns für eine gute Gesundheitsversorgung entschieden:
Vielen Dank Herr Landrat“
So steht es in der Bürgerinformation zur Agenda 2030 vom Dezember 2019.
Das gilt jedoch nur für einen Teil der Bevölkerung des Ortenaukreises, nämlich den
- der zentral wohnt
- der mobil ist, ein Auto hat
- und in der Mitte des Lebens steht
- eine Medizin der Maximalversorgung braucht
Für alle anderen ist es keine gute Gesundheitsversorgung.
Sie gilt nicht:
- für die Neugeborenen und Kinder
- für die Alten und chronisch Kranken, die immer mehr werden
- für die, die einfach zu weit weg wohnen und
- für die es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt
Am Beispiel Oberkirch kann man den systematischen Abbau gut nachvollziehen:
die Strukturen einer gut funktionierenden und beliebten Klinik der Grundversorgung waren vorhanden:
- eine gute Zusammenarbeit und Vernetzung mit dem Klinikum Offenburg
- eine leistungsfähige Chirurgie mit neuem OP
- motivierte Mitarbeiter
- eine sehr beliebte und wirtschaftlich arbeitende Geburtshilfe
Das alles wurde sukkzessive abgebaut, zerstört und umstrukturiert, weil kleine Kliniken angeblich schlecht und defizitär arbeiten.
Der demographische Wandel ist nicht mehr aufzuhalten. In diesem Zusammenhang ist nicht nur der gesundheitlich physische Aspekt zu berücksichtigen, sondern auch der soziale und psychische.
Die Ortenau ist eine Flächenregion, der größte Landkreis in Baden Württemberg mit einer denkbar schlechten Verkehrsanbindung. Viele alte Menschen können nicht mehr Autofahren.
Das soziale Umfeld ist für einen kranken alten Menschen mindestens genauso wichtig wie eine gute medizinische Versorgung, was in vielen Fällen ein kleines Haus kostengünstiger bieten kann.
Viele Gesundheitsökonomen haben mittlerweile die Schwächen unseres Abrechnungssystems
erkannt, das für Kinder und ältere Menschen keine angemessene Vergütung vorsieht. Wir brauchen Kliniken der Maximalversorgung mit High Tech Medizin für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Transplantationen etc. Deshalb sind wir auch nicht gegen den Neubau in Offenburg.
Aber diese Erkrankungen betreffen nur einen geringen Anteil aller Erkrankungen.
Ein postoperativer Patient, der auf Grund der verkürzten Verweildauer mit noch nicht verheilter Wunde und Drainageschläuchen entlassen wird, gehört auf keinen Fall nach Hause (blutige Entlassung).
Er gehört auch nicht mehr in ein Haus der Maximalversorgung, sondern in ein heimatnahes kostengünstigeres Haus.
Auch die chirurgische Notfallversorgung von Bagatell-Verletzungen muss in kleineren Häusern erhalten bleiben, wenn der Hausarzt oder der ärztliche Notdienst nicht zu erreichen ist. Die hausärztliche Versorgung auf dem Land wird immer schwieriger, weil viele Praxen keinen Nachfolger mehr finden.
Ein Kollaps der zentralen Notfallhäuser ist so nicht mehr aufzuhalten.
Es ist ein schlechtes Argument und ein schlechter Anreiz, dass die Notfallpauschale für größere Häuser mit höherem Patientenaufkommen höher ausfällt und sich daher eher rechnet.
Vermeidbare stundenlange Wartezeiten für kleine Verletzungen, wie jetzt in Offenburg üblich, sind die Folge. Die vor Jahre propagierte Zentralisierung der Krankenhäuser auf wenige Großkliniken mag in einer Stadt mit guter Infrastruktur und kurzen Wegen Sinn machen
Im ländlichen Raum mit schlechter Verkehrsstruktur macht es keinen. Sie verschlechtert die Versorgung und ist auch zu teuer.
Mehrheitlich haben sich die Teilnehmer der kommunalen Gesundheitskonferenz für eine ortsnahe stationäre Versorgung ausgesprochen. Viele namhafte Gesundheitsexperten haben das inzwischen erkannt und sprechen sich für den Erhalt der kleinen Häuser aus.
Bei Patientenbefragungen im Ortenau Klinikum haben die kleinen Häuser in vielen Punkten deutlich besser abgeschnitten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Finanzierung:
Es kommt entweder zu einer massiven Erhöhung der Kreisumlage mit den Konsequenzen, dass weniger Geld für andere Aufgaben bleibt oder zu einer Fremdfinanzierung, durch die Last den nachfolgenden Generationen aufgebürdet wird.
In der Corona Krise sind die Kassen leer. Die für den Neubau in der Ortenau eingeplanten Landeszuschüsse sind mehr als das doppelte des Betrages, den das Land im letzten Jahr für alle Krankenhäuser in Baden Württemberg eingeplant hatte.
Deshalb unsere Forderung:
- Überprüfungsklausel der Agenda 2030 jetzt ziehen,
- Zentrales Klinikum der Maximalversorgung in Offenburg für alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen
- Erhalt der kleinen Kliniken mit 24 h Notfall Versorgung und stationären Betten zur Nachsorge
- Nachnutzung entsprechend den Ergebnissen der kommunalen Gesundheitskonferenz
für Oberkirch:
- Erhalt der bisherigen Palliativbetten
- Ausbau eines Hebammen Stützpunktes
So darf ich Ihnen als Vertreterin des Runden Tisches Oberkirch diese Petition mit 5600 Unterschriften übergeben.
Bitte lesen Sie auf der Homepage auch die Kommentare zu den Unterschriften, sie sind sehr aufschlussreich!
Wir hoffen, dass bei ihren Entscheidungen auch der Wille des Bürgers berücksichtigt wird und auch von Seiten des Landes die notwendige Unterstützung zur Reform des Krankenhauswesens im Sinne der Kommunalen Gesundheitskonferenz geleistet wird.
Unsere Petition ist die jüngste einer Reihe von Petitionen gegen die Agenda 2030. Vorausgegangen sind die Petitionen in Gengenbach, Ettenheim und Kehl, insgesamt 30 000 Stimmen.
Die kann man nicht ignorieren, wenn man wirklich das Wohl der Ortenauer Bevölkerung in Fokus hat.
Deshalb: Ziehen Sie die Überprüfungsklausel jetzt, mit Erhalt der Häuser Kehl Ettenheim und Oberkirch!
Dann können wir sagen:
Wir haben uns für eine gute Gesundheitsvorsorgen entschieden:
Vielen Dank Herr Landrat.