Offenbarungseid in der heutigen Nicht-Öffentlichen GKA-Sitzung

Der Kracher: Pressemitteilung des Ortenaukreises zu den Ergebnissen der heutigen Nicht-Öffentlichen Sitzung des Gesundheits- und Klinik-Ausschusses: Die Resultate sind eigentlich ein Offenbarungseid:
Vor ein paar Monaten haben die Kreisräte den Rechenkünstlern – besser Jongleuren – der Verwaltung und des nicht offiziellen Finanzausschusses entgegen unserer Einschätzung noch geglaubt, dass alles rund um die Agenda 2030 finanzierbar wäre – auch die hochgerechneten auflaufenden Schulden bis zur Umsetzung der Agenda 2030!
Und jetzt kommt die 180 Grad Kehrtwende, aber nicht wie es logisch wäre im Bezug auf die Agenda 2030 sondern im Bezug auf Reduzierung der auflaufenden Verluste des laufenden Betriebs!
Zu Lasten der Bevölkerung des Renchtals und der südlichen Ortenau um Ettenheim!
Wir fordern: Keine Klinikschließungen ohne gleichzeitige Einrichtung einer adäquaten internistischen und chirurgischen Grundversorgung in den betroffenen Gebieten!
Und: Der Kreistag entmachtet sich selbst: der GKA empfiehlt dem Kreistag die Umwandlung des bisherigen Eigenbetriebs in eine Anstalt des Öffentlichen Rechts. Das bedeutet, dass in Zukunft nicht-öffentlich im kleinen Kreis über die Krankenhausversorgung des Ortenaukreises entschieden werden wird.
Man könnte annehmen, dass da die Mehrheit der Kreisräte sich aus der Verantwortung für das sich abzeichnende Desaster bei der Umsetzung der „Agenda 2030“ noch schnell davon stehlen will …

Hier die Beschlüsse aus der Sitzung:

TOP 1.1: Ortenau Klinikum; Handlungsoptionen zur Stärkung der wirtschaftlichen Situation des Ortenau Klinikums bis 2030
Beschluss: Der GKA beauftragt die Verwaltung, die Handlungsoptionen zur Stärkung der wirtschaftlichen Situation des Ortenau Klinikums umzusetzen beziehungsweise – soweit dafür weitere Gremienbeschlüsse erforderlich sind – entsprechende Gremienbeschlüsse vorzubereiten.
Ergebnis: Ja Stimmen: 20. Nein-Stimmen: 1. Enthaltungen: 1.

Das zugrundeliegende Papier zu den „Handlungsoptionen zur Stärkung der wirtschaftlichen Situation des Ortenau Klinikums bis 2030“ zur Sitzung finden Sie hier: https://kreistag.ortenaukreis.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZa0wEOknW7T-7a1fj7rS1Hr4_Um3I2g1HKYc_qAWqs_a/Anlage_2.pdf

TOP 1.2: Ortenau Klinikum Lahr-Ettenheim; Betriebsstelle Ettenheim; kurzfristige vorrübergehende Interimsmaßnahmen sowie Prüfauftrag zum langfristigen Konzept zum „Zentrum für Gesundheit Ettenheim“

Beschluss: Der Ausschuss für Gesundheit und Kliniken beschließt

  1. den Beschluss vom 15. Mai 2018 (KA 25.1.2.a.2018) und den damit verbundenen Auftragsvergaben zur Realisierung der Anbindung eines neuen OP-Saals aufzuheben, das Planungs- und Vergabeverfahren zu stoppen und stattdessen zwei Eingriffsräume nach zeitgemäßem Standard im Bestand herzustellen, die für ambulante Operationen genutzt werden können. Dabei soll planerisch die Möglichkeit einer späteren Erweiterung um einen dritten Eingriffsraum berücksichtigt werden.
  2. die Verwaltung zu beauftragen, zur Reduzierung des Defizits folgende Maßnahmen an der Betriebsstelle Ettenheim für die Zeit bis zur Umwandlung in ein Zentrum für Gesundheit zu prüfen und falls möglich umzusetzen:
    – Ausweitung des Fachbereichs Innere Medizin und Erweiterung um das zusätzliche Leistungsspektrum Suchtmedizin (Motivationsbehandlung Abhängigkeitskranker – „Qualifizierter Entzug“)

– Ausweitung des Fachbereichs Schmerztherapie (interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie) von 8 auf 16 Betten

– Verlagerung von ambulanten Operationen von Lahr nach Ettenheim

– Ausweitung der vorhandenen MVZ-Sitze

  1. die Verwaltung mit der Prüfung des Leistungsangebots „geriatrische Rehabilitation“ als Baustein für die langfristige Entwicklung der Betriebsstelle Ettenheim zu einem „Zentrum für Gesundheit“ zu beauftragen. Für den Fall, dass die Gespräche mit möglichen externen Anbietern nicht erfolgreich sind, soll eine Durchführung in Eigenregie parallel geprüft werden.
    Ergebnis: Ja Stimmen: 20. Nein-Stimmen: 1. Enthaltungen: 0. (Ein Teilnehmer hat die Sitzung vor der Abstimmung zu Top 1.2 verlassen)

Die zugrundeliegende Vorlage finden Sie hier: https://kreistag.ortenaukreis.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZZCnOn5KIe9bue2ibEESEbCDGhd0n6DVC-WOAQ4mspe0/GKA-Vorlage_GKA_13.1.2.2021.pdf

TOP 1.3: Interfraktioneller Antrag der CDU- und SPD-Fraktion „Die zweite Säule“ / Umwandlung des Eigenbetriebs Ortenau Klinikum in eine Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts

Beschluss: 1. Der Ausschuss für Gesundheit und Kliniken nimmt den Erfahrungsbericht von Herrn Bürgermeister Fuhrmann zum Thema „Anstalt des öffentlichen Rechts – Erfahrungen des Klinikums Stuttgart“ zur Kenntnis.
2. Der Ausschuss für Gesundheit und Kliniken nimmt in Aussicht, in einer der nächsten Sitzungen eine Empfehlung an den Kreistag

2.1. zur Umwandlung des Eigenbetriebs Ortenau Klinikum in eine Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts auszusprechen;

2.2. zur Gestaltung der „Zweiten Säule“ auszusprechen.

Die Verwaltung wird hierzu beauftragt, auf Basis der Beratung konkrete Umsetzungsvorschläge zu erarbeiten und dabei auf eine effiziente strukturelle Verzahnung der beiden Säulen zu achten.

Ergebnis: Ja Stimmen: 19. Nein-Stimmen: 0. Enthaltungen: 0. (Drei Teilnehmer hatten die Sitzung vor der Abstimmung zu TOP 1.3., bzw. TOP 1.2 verlassen)

TOP 2.1: Ortenau Klinikum; Schriftlicher Bericht der Verwaltung zu aktuellen Themen

Beschluss: Kenntnisnahme

Den schriftlichen Bericht finden Sie hier: https://kreistag.ortenaukreis.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZY8S4aPDa3OHpjtpLsKxWh_Fmw3xafZPy7Azi8QmdorA/GKA-Vorlage_GKA_13.2.2.2021.pdf

TOP 2.2: Verschiedenes: Unter Verschiedenes wurde die ablehnende Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg über die Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen die Beschlüsse zu Oberkirch im Rahmen der Agenda 2030 zur Information verteilt.
Die Entscheidung finden Sie hier (Schreiben an Herrn Dr. Bayer und Schreiben an Frau Schwab) https://kreistag.ortenaukreis.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZcRhzfRLR0WujvcqA9SlIGk

Zitat Landrat Scherer, 21. September 2020

Aussagen des Landrat zu Klinik-Schließungen infolge der Agenda 2030

Der Fachtag zur „Sektorübergreifenden Versorgung im Ortenaukreis“ mit Minister Lucha fand am vergangenen Montag im Landratsamt Offenburg statt. Die Kommunale Gesundheitskonferenz stellte bei der Veranstaltung die bis dato erarbeiteten Ergebnisse zur Bedarfsermittlung vor. Dazu waren 942 Vorschläge der beteiligten Bürger eingegangen, auf die gebündelt und schwerpunktmäßig in die Veranstaltung eingegangenen wurde.

Dabei wurden interessante Vorschläge vorgestellt, wie die Gesundheitsversorgung der Zukunft gerade im ländlichen Raum aussehen soll. Die Veranstaltung wurde als Livestream im Internet gezeigt. Wer Zeit und Lust hat, sollte sich das ganze Video ansehen.

Zum Abschluss der Veranstaltung gab es noch eine Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Fischer, Minister Lucha und unserem Landrat Scherer. Dabei äußerte sich unser Landrat zu den geplanten Klinikschließungen im Rahmen der Agenda 2030 und im Besonderen zur Gesundheitsversorgung im Renchtal (ab ca. 1:14 Std. )

Hier das Transkript der wichtigsten Aussagen:

… und nochmal diese Schließungsdebatten oder nicht oder wann, muss man immer in dieser Verzahnung sehen auch zeitlich und wir haben hier einen Beschluss gefasst, weil sie es angesprochen haben 2018, dass die drei Standorte, die jetzt im Fokus sind, was Schließung angeht, dass die geschlossen werden, wenn die Kapazitäten in den Neubauten geschaffen sind, muss mal anders zu formulieren und klar zu formulieren ist auch logisch: ja ich kann eine Klinik nicht zu machen, wenn ich keinen Ersatz habe im stationären Bereich.

Wenn das gegeben ist, dann ist es mal die stationäre Betrachtung und daneben muss ich – das ist mein Lieblingsbeispiel ich bin natürlich medizinischer Laie-  ist der blutenden Finger und – um den blutenden Finger geht’s auch glaube ich ein Stück weit in der Wahrnehmung der Menschen – , dass sie einfach sich nicht vorstellen können, wenn ihr Kind sich in den Finger geschnitten hat, dann aus dem hinteren Renchtal bis nach Offenburg fahren zu müssen, um diesen Finger genäht zu bekommen: Das müssen sie aber auch nicht und das werden sie niemals müssen, weil wir nämlich als Kreis und auch die Kassenärztliche Vereinigung und alle Krankenkassen und alle, die Verantwortung dafür tragen, werden im Endeffekt dafür sorgen, dass dieser Finger vor Ort in einer ambulanten chirurgischen Praxis am richtigen Ort genäht werden kann.

Unser Kommentar:

Nicht nur während der coronabedingten Schließung des Krankenhauses von Ende März bis Anfang August musste das Kind aus dem hinteren Renchtal mit dem blutenden Finger nach Offenburg oder Achern fahren – ein chirurgische Praxis gibt es derzeit im Renchtal nicht! Und jetzt, nach Wiedereröffnung des Krankenhauses inkl. chirurgischer Ambulanz sollte sich das Kind möglichst nur werktags und in der Zeit von 7:30 Uhr bis 15:30 Uhr in den Finger schneiden – ansonsten ist die chirurgische Ambulanz geschlossen und die angesprochene Fahrt nach Offenburg oder Achern steht an.
Dieser Zustand besteht schon seit November 2016 (angeblich wg. Ärztemangel) und viele Renchtäler hatten schon die „Freude“, nicht nur nach Offenburg oder Achern zu fahren, sondern insgesamt bis zu 6 Stunden – zum Teil mit einem schreienden Kind –  in der dortigen Ambulanz zu verbringen!
Und das im Jahre 2020 im Renchtal ! Hier im ländlichen Raum muss eine solide medizinische Grundversorgung gegeben sein. Ist sie es nicht, bedeutet das, dass es deswegen weniger Zuzug bzw. mehr Abwanderungsbewegungen in die Städte gibt. Daraus ergeben sich wirtschaftliche Probleme, die zu einer generellen Schwächung des ländlichen Raums führen.
Ein Landrat ist für den gesamten Kreis verantwortlich, nicht nur für die größeren Städte im Kreis. Gerade weil es im Ortenaukreis es aus topografischen Gründen keinen nennenswerten Öffentlichen Nahverkehr gibt, ist ein ortsnahe Gesundheitsversorgung essentiell – nicht nur für Kinder sondern auch für ältere stationäre Patienten, die dann auch häufiger von Ihren Angehörigen und Freunden besucht werden können, als wenn sie in Offenburg oder Achern in der Klinik lägen.