Linke Kreisrätin erhebt Einspruch gegen Schließung des Oberkircher Krankenhauses

Die LiLO Kreisrätin Jana Schwab, hat am Montag den 11.01.21 einen Brief an die Regierungspräsidentin Schäfer in Freiburg geschickt. Darin erhebt sie Einspruch gegen die Umwandlung des Oberkircher Krankenhauses in ein Gesundheitszentrum.
Original auf Einspruch beim Regierungspräsidium – Linke Liste Ortenau (linke-liste-ortenau.de)

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Schäfer,

hiermit erhebe ich Einspruch gegen den Beschluss des Kreistages im Ortenaukreis vom 15. Dezember 2020.

Unter Punkt 2.2 hat der Kreistag beschlossen, dass aus dem Krankenhaus in Oberkirch ein sog. Gesundheitszentrum werden soll. Gemäß § 3 Landeskrankenhausgesetz Baden – Württemberg kann der Kreistag kein Krankenhaus, welches im Landesbettenplan aufgeführt ist, in ein Gesundheitszentrum umwandeln.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof in Mannheim vom 16.04.2002 AZ. : 9 S 1586/01 ist dies weder dem Kreistag noch der Landesregierung gestattet. Dies entspricht auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24. März 2016 IZR 263/14. Ebenfalls ist ein Krankenhaus nur dann bedarfsgerecht, wenn eine Bedarfsanalyse durchgeführt wurde, so der VGH in Mannheim vom 16.04.2002 Logischerweise muss die Bedarfsanalyse stattgefunden haben, sonst wäre das Krankenhaus Oberkirch nicht im Landesbettenplan Baden-Württemberg aufgeführt.

Die bisherige Bedarfsanalyse richtete sich nach dem Bedarf für die Bevölkerung im Einzugsgebiet des Krankenhausstandortes Oberkirch. Bedarfsgerechtigkeit bezieht sich auf die Anzahl der zu versorgenden Einwohnerzahl im Einzugsbereich des Standortes Oberkirch.

Im Urteil des VGH-Mannheim wird in der Randnummer 38 dargelegt, wie sich der Bettendarf errechnet. Hier weisen die Richter am VGH Mannheim vor allem auf folgenden wichtigen Faktor hin:

Auszug: “ Hinsichtlich sämtlicher Faktoren kann sich die Bedarfsanalyse nicht mit der Erhebung der aktuellen Werte begnügen, sondern muss auch die künftig zu erwartende Entwicklung beurteilen. “ Zitatende

Dem Kreistag liegt keine Bedarfsanalyse des Regierungspräsidiums oder des Landessozialministeriums vor, die eine Herausnahme des Oberkircher Klinikums aus dem Landesbettenplan und somit die Umwandlung in ein Gesundheitszentrum, wie vom Kreistag beschlossen, rechtfertigen würde.

Gleichzeitig liegt auch keine Bedarfsanalyse vor, welche die Auswirkungen des vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Notfallversorgung in §136c Absatz 4 SGB 5 berücksichtigt. Neben diesem künftig zu erwartenden Entwicklungsfaktor, welches das VGH Mannheim für eine Bedarfsanalyse vorschreibt mit einfließen zu lassen, müsste eine zukünftige Bedarfsanalyse ebenfalls die alternde Bevölkerung mit im Blick haben.

Hinzu kommen Infektionskrankheiten und viele Demenzerkrankungen, die stationär behandelt werden müssen. Diese Erkrankungen können nicht bei einer Verweildauer von drei ( 3 ) bis fünf (5) Tagen diagnostiziert oder behandelt werden, wie es der Kreis vorsieht und in seine Kostenanalyse für die geplante Zentralklinik in Offenburg integrierte. Deren Behandlung dauert bis zu einem halben Jahr, bei Folgeerkrankungen noch länger.

Hier geht es um die stationäre Versorgung von Notfallpatienten und Einwohner bzw. Einwohnerinnen im Einzugsgebiet des Krankenhaus Oberkirch.

In einer alternden Gesellschaft werden Krankheiten auftreten, die eine schnelle medizinische Behandlung erfordern. Hierzu wurden die stationären Notfallversorgungsstufen (Basisnotfallversorgung/erweiterte Notfallversorgung/ umfassende Notfallversorgung) geschaffen. Diese gelten auch für den Ortenaukreis. Es ist die Pflicht des Ortenaukreises den Standort in Oberkirch als stationärer Basisnotfallstandort auszubauen.

Ein Krankenhaus, dass im Landesbettenplan Baden-Württemberg aufgeführt ist, muss immer auf den neuesten medizinischen Stand ausgebaut werden. Siehe Entscheidung BGH vom 24. März 2016 IZR 263/14 und Verwaltungsgerichtshof Mannheim vom 15.12.2012 9 S 2770/10.
Dies ist die Pflicht des Landkreises Ortenaukreis, dass er nach dem Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg erfüllen muss.

Der Beschluss vom 15.12.2020 des Kreistages Landkreis Ortenaukreis hat erhebliche Mängel. Er macht Unterschiede bei der stationären medizinischen Versorgung seiner Einwohner und Einwohnerinnen. Der Kreistag hat die Pflicht seine Einwohnerinnen und Einwohner gleich zu behandeln.
Krankenhausstandorte, die im Landesbettenplan aufgeführt sind, können weder geschlossen noch in Gesundheitszentren umgewandelt werden, weil sie für die stationäre Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner im Landkreis Ortenaukreis eingerichtet wurden. Sie müssen stetig auf den neuesten medizinischen Stand ausgebaut werden.

Seit dem 18. April 2018 muss wenigstens die stationäre Basisnotfallversorgung an jedem Krankenhausstandort eingerichtet werden. Dies ergibt sich aus den erlassenen Gesetzen und der von mir aufgeführten Rechtsprechung, die dazu mit Urteilen entschieden hat.

Die Entscheidung des Kreistages vom 15.12.2020 verstößt sowohl gegen Bundesgesetz, hier § 136 c Absatz 4 Sozialgesetzbuch 5, Krankenhausfinanzierungsgesetz § 1 und § 2 a und gegen das Landesgesetz, hier § 3 Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg.

Der Beschluss des Kreistages vom 15.12.2020 ist rechtlich falsch und somit zurück zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Jana Schwab

Kreisrätin der Linken Liste Ortenau im Ortenaukreis

Dazu folgende Stellungnahme des Ortenaukreises und des Ortenau-Klinikums vom 13. Januar:

Der Ortenaukreis und das Ortenau Klinikum nehmen gemeinsam Stellung zum Einspruch von Kreisrätin Jana Schwab gegen den Beschluss des Kreistags vom 15. Dezember 2020 zum Tagesordnungspunkt 2.2 „Konzept zur Weiterentwicklung der Betriebsstelle Oberkirch zum „Zentrum für Gesundheit Oberkirch“

„Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 15. Dezember 2020 mit großer Mehrheit einer künftigen Nachnutzung der Klinikbetriebsstelle Oberkirch zugestimmt. Eine vorzeitige Schließung des Standorts Oberkirch wurde im Dezember noch nicht beschlossen. Es ist klar, dass das Sozialministerium für die Erstellung des Landesbettenplans zuständig ist. Eine Änderung kann aber erst nach einer Beschlussfassung zur Schließung formal beim Ministerium beantragt werden. Selbstverständlich steht der Landkreis im engen Austausch mit dem Ministerium, welches die Agenda 2030 intensiv begleitet und das Ortenau Klinikum auf seinem Weg unterstützt. Die Vorwürfe von Frau Schwab sind daher haltlos.“

Auch Kreisrat Dr. Karlheinz Bayer schließt sich der Prüfungs-Anforderung an

Lt. Mail vom 17. Januar 2021 hat sich FDP-Kreisrat Dr. Karlheinz Bayer diesem Einspruch angeschlossen.

Verehrte Frau Regierungspräsidentin,

der Beschwerde der Kreistagskollegin von der Linken Liste schließe ich mich in allen Punkten an.
Ich bitte um eine Überprüfung, in wieweit der Kreistag in seiner Sitzung am 15.12.2020 über etwas beschlossen hat, zu dem er keine Beschlußhoheit besaß.

Ich hatte dies in einem Statement für die FDP-Fraktion vor der Abstimmung in der Fraktionsrunde auch dargelegt.
Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vom 16.04.2002 ( AZ. : 9 S 1586/01 )
ist es ein entscheidendes Kriterium für die Stillegung eines Krankenhauses bzw. für den Fortbestand des Krankenhauses nach dem Bettenplan, wenn die Entfernung zum nächsten Krankenhaus dadurch zu groß würde. Als Anhaltswert wurden 30 Kilometer genannt. Dies trifft für meinen Wohnort Bad Peterstal-Griesbach mit ca. 2800 Einwohnern zu.Insofern ist die Stilllegung kein einfacher Akt.

Ich bitte Sie daher als Aufsichtsbehörde darum, die Rechtmäßigkeit des Kreistagsbeschlusses bzw. die Frage der Zuständigkeit zu prüfen.

Mit freundlicher Hochachtung
Ihr
Dr. Karlheinz Bayer