OB-Kandidaten zur gesundheitlichen Basisversorgung in Oberkirch und dem Renchtal

Gut 70 interessierte Bürgerinnen und Bürger waren am Samstagmorgen zum Löwenbrunnen in der Oberkircher Fußgängerzone der Einladung des Runden Tischs Krankenhaus Oberkirch gefolgt, um die Meinung und Einstellung der Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl zum Thema Gesundheitsversorgung in Oberkirch zu erfahren. Zu Beginn erklärten die drei anwesenden OB-Kandidaten Stefan Hattenbach, Nicolas Boschert und Gregor Bühler jeweils in einem kurzen Statement ihren Blick auf den derzeitigen Zustand und die Zukunftsplanung im „Zentrum für Gesundheit Oberkirch“ im ehemaligen Krankenhaus.

Gregor Bühler unterstützt die Forderung nach einem Chirurgen für das Zentrum, aber die Versorgung der zugesagten Genesungsbetten durch einen Internisten, wenn möglich mit einer Zusatzqualifikation, z. B. Endoskopie, müsse gewährleistet bleiben. Nicht akzeptabel ist nur ein Tausch Chirurg gegen Internist. Außerdem sollten weitere Gesundheitsanbieter, z.B. Arzt für Diabetologie, z.B. Zentrum für Prävention und Ernährung, aktiv angeworben werden. Um das zu erreichen, sind Gespräche und Verhandlungen mit allen Beteiligten zu führen, insbesondere auch mit den niedergelassenen Ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung.

Nicolas Boschert hält ein neues Krankenhaus für elementar, wobei natürlich die Finanzierung ein Problem darstelle. Er setzt dazu auf die Unterstützung der Renchtäler Gemeinden, auf Sponsoren wie zum Beispiel die ortsansässigen Firmen wie auch Spenden.
Auch Stefan Hattenbach will als Oberbürgermeister sich für eine Erweiterung des bestehenden Angebots einsetzen, vor allem die Notfallversorgung muss zeitlich und fachlich, eben mit einem Chirurgen, ausgebaut werden. Angesichts der politischen Forderungen in Bund und Land nach mehr ambulanten Behandlungen muss dieser Bereich gestärkt werden, das Ziel ist eine Akutversorgungsklinik mit einer unfallchirurgischen und internistischen Abteilung. Das kann nur in enger Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern des Renchtals, mit den Kreisräten, mit dem MVZ Ortenau und den niedergelassenen Ärzten erreicht werden.

Anschließend hatten die Teilnehmer des Treffens die Möglichkeit, den Kandidaten weitere Fragen zu stellen, wobei viele dabei ihrem Unmut über die derzeitige Situation Luft machten. Die unzulänglichen Öffnungszeiten und eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten der Notfallsprechstunde, mehrstündige Wartezeiten in den Notfallambulanzen in Achern und Offenburg, abgewiesene Gebärende in der Geburtsklinik in Offenburg waren einige der angesprochenen Punkte. Ein weiterer Punkt war, dass die Schließung Oberkirchs faktisch keine finanziellen Ersparnisse für den Kreis gebracht hätte, mussten doch dadurch mehrere Millionen Euro in den Ausbau der Kliniken in Achern und Offenburg investiert werden: in Kliniken, die dann 2030 abgerissen werden sollen. Auch die Frage nach dem Heimfallrecht wurde angesprochen, ob die OB-Kandidaten bei Nicht-Einhaltung der Zusagen des Ortenaukreises auch den Weg einer Klage gegen den Ortenaukreis gehen würden, was für alle Kandidaten nach entsprechender Prüfung durchaus vorstellbar wäre.

Fazit: Alle drei anwesenden Kandidaten und alle Teilnehmer waren sich einig, dass das derzeitige Angebot und auch die weiteren Planungen im „Zentrum für Gesundheit Oberkirch“ unzureichend für die gesundheitliche Basisversorgung in Oberkirch und im Renchtal sind.

Eine Pflegeheim-Filiale mit Anhängseln statt Zentrum für Gesundheit

Und wieder werden ohne konkrete Nachnutzungskonzepte zwei Krankenhäuser geschlossen: Bad Saulgau und Pfullendorf.
So wird Baden-Württemberg seinem Spitznamen „Eländ“ in der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum mehr und mehr gerecht!
Und dann sich wundern, dass die Leute mehr und mehr in die Ballungszentren ziehen, dort die Mieten und Lebenshaltungskosten unaufhörlich steigen. Als Gegenmittel gibt es dann ein Förderprogramm des Landes: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.mehr-als-100…
Gehts noch ??? Nennt sich das Politik?

Und offensichtlich läuft das Ganze genauso wie in Oberkirch ab, ein wichtige Rolle spielt der Herr Minister Lucha:

Wie bei uns in der Ortenau hat er lt. örtlicher Presse im Kreis Sigmaringen in einer digitalen Kreistagssitzung genau – wortgleich – argumentiert:

Die Sätze „nach der Schließung kommt nicht Nichts“, es werden „Primärversorgungszentren“, „mobile Intensivstationen“, „Luftrettung per Hubschrauber“ … geschaffen – das haben wir alles auch von Herrn Lucha in der Kreistagssitzung am 21. Juli 2021 hören dürfen. Und jetzt sollen wir vom Ortenaukreis mit einem Umzug eines seit Jahrzehnten schon vorhandenen orthopädischen MVZ ins Krankenhausgebäude (verstärkt durch eine D-Arzt-Zulassung!!!) und vor allem mit dem Umbau des Krankenhauses in eine Filiale des Kreispflegeheims abgespeist werden.
Herr Lucha – das ist NICHTS !!! Und wie sagte unser Landrat Scherer bei der Vorstellung der Ergebnisse der kommunalen Gesundheitskonferenz? „Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir vorhandene Strukturen zerstören würden, bevor neue geschaffen sind.“
Ach ja, Herr Landrat? Wo sind denn die neuen Strukturen? Sicher nicht die abendliche zweistündige „Notfall“-Sprechstunde! (Ironie aus!)

Was wurde denn von Kreis und Ortenau-Klinikum unternommen, um ein „Primärversorgungszentrum“ entstehen zu lassen?

  • Wurden die leer stehenden Praxisräume im Zentrum für Gesundheit in der Öffentlichkeit beworben (Anzeigen dazu in der regionalen Presse, geschweige denn überregional im Ärzteblatt gab es offensichtlich bis heute nicht!)?
    Wie soll dann ein niederlassungswilliger Arzt oder Ärzteteam oder ein Arzt, der evtl. für seine Praxis neue Räume sucht,  von der Existenz der Anmietungsmöglichkeit von Praxisräumen erfahren?
    Das ist wie wenn man eine Firma gründet, aber ihre Existenz geheim hält.

    Auch in der Internet-Börse der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg sind die Räume nicht ausgeschrieben: https://www.kvbawue.de/praxis/boersen/suchen

  • Nicht klar ist uns der Auftrag der Stadt an die Beratungsfirma Oberender AG, die wir unserem Oberbürgermeister wegen des Projekts in Spaichingen vorgeschlagen hatten: In Spaichingen wurde von dieser Firma öffentlich die Errungenschaften und Vorteile der EAV (Erweiterte Ambulante Versorgung) vorgestellt, in Oberkirch gab es kein Wort davon. Warum wurde dieses Modell hier in der Region nicht vorgestellt? Deswegen hatten wir ja die Firma Oberender AG  empfohlen. Über dieses Modell könnte man interessierte Ärzte für das Projekt „Genesungsbetten“ eventuell gewinnen.
    Auch hat in der Gemeinderatssitzung vom 27. September 2021  der Geschäftsführer der Firma Oberender AG erklärt, dass seine Kontaktdaten ja bekannt seien, aber sich niemand bei ihm gemeldet habe. Frage: Wem können seine Kontaktdaten bekannt sein, wenn nichts in der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde?
  • Stattdessen wird einfach gesagt, dass im Ortenaukreis keine Kassenarztsitze frei wären, die sich im neuen Zentrum für Gesundheit niederlassen könnten. Frage: Hat sich mal jemand der Verantwortlichen Gedanken gemacht, aus dem Pool des MVZ Ortenau einen internistischen Sitz aus einer der Städte, die neue Krankenhäuser erhalten, nach Oberkirch zu verlegen?
    Warum nicht von Achern nach Oberkirch verlegen?
    Passend dazu: In der lokalen Presse wird über den Antrittsbesuch von Herrn MVZ Ortenau-Geschäftsführer Bühn bei OB Klaus Muttach in Achern berichtet. Zitat: „Das MVZ soll künftig auch Teil des neuen Campus im Rahmen des Klinik-Neubaus werden. Damit könne die enge Kooperation mit dem Ortenau-Klinikum Achern weiterhin fortgeführt werden, heißt es.“
    Hallo? Wir brauchen außerhalb der Städte mit Krankenhäusern eine medizinische Versorgung, nicht alles zentral an einem Ort! Sieht so flächendeckende ambulante Versorgung für unseren ländlichen Raum aus?
  • Das Angebot des Ortenau-Klinikums der Vermietung von Praxisräumen im Krankenhaus kann so attraktiv nicht sein, wenn wenige hundert Meter vom Krankenhaus Oberkirch entfernt, ein bestehendes Apotheker- und Ärztehaus aufwendig umgebaut werden soll – siehe eine entsprechende Bauanfrage im Bauausschuss vom Juli letzten Jahres.
  • Wie war das in der Kreistagssitzung im Dezember 2020, was rief Herr Kreisrat Doll uns vom Runden Tisch zu? „Wir werden Sie nicht im Stich lassen!“
    „Oberkirch muss gelingen!“ war auch die Äußerung einiger Kreisräte nach dem Beschluss im Ausschuss für Kliniken und Gesundheit, in Oberkirch ein Zentrum für Gesundheit einzurichten.

    ABER: So gelingt das eben nicht und wir im Renchtal werden mit diesem Umbau in eine Pflegeheim-Filiale mit Anhängseln im Stich gelassen!